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Bonnard Pierre (1867 - 1947)

Pierre Bonnard (* 13. Oktober 1867 in Fontenay-aux-Roses ; ? 23. Januar 1947 in Le Cannet ) war ein französischer Maler des Symbolismus .

Leben

Bonnard studierte an der Sorbonne zuerst Rechtswissenschaften, bevor er zum Kunststudium wechselte. 1890 gründete er zusammen mit Maurice Denis , Paul Sérusier und Edouard Vuillard die Künstlergruppe Les Nabis . Er war außerdem gut bekannt mit dem Kunsthändler Ambroise Vollard , von dem er mehrere Porträts schuf.

Ab 1937 wird Gisele Belleud bis zu seinem Tod seine Schülerin.1942 stellt Bonnard zusammen mit Pierre Matisse, Picabia und Gisele Belleud in der Galerie Serguy in Cannes aus, nachdem einige Wochen zuvor am 26. Januar seine Ehefrau Marthe verstorben war. Marthe figuriert auf zahlreichen Gemälden Bonnards als sein Modell.1942 und 1944 entstehen im Atelier Bildnisse seiner Schülerin Gisele Belleud, während diese ihren Lehrer Bonnard porträtiert.(Bildnis Bonnard mit seiner Hündin Poucette auf den Knien, 1942 und Bildnis Bonnard mit Hut im Atelier, 1944).Bonnard verstirbt am 23.Januar 1947 in seiner Villa le bosquet in Le Cannet bei Cannes.

Werke

1900 : "Frau mit schwarzen Strümpfen"

1908 : "Akt im Gegenlicht"

1908: "Die Toilette", Musée d'Orsay , Paris

1913: "Abend am Uhlenhorster Fährhaus in Hamburg", Kunsthalle Hamburg

um 1918 / 1920 "Braunkohlengrube", Neue Pinakothek , München

1924 : "Großer Akt in der Badewanne", Bernheim-Jeune, Paris

1928 - 1934 : "Landungsbrücke in Cannes", (43x56,5cm, Privatsammlung Schweiz)

1931 : "Das Frühstückszimmer", Museum of Modern Art, New York

1937 : "Weiblicher Akt in der Badewanne", Privatbesitz

1944 : "Bildnis seiner Schülerin Gisele Belleud"

Pierre Bonnard wurde am 13. Oktober 1867 in Fontenay-aux-Roses bei Paris als Sohn eines Beamten geboren. Zunächst studierte er Jura (1886-89), schrieb sich dann aber an der Académie Julian ein, wo er Bekanntschaft mit den Malern Denis, Ibels, Ranson und Sérusier schloß. Anschließend studierte er an der École des Beaux-Arts und lernte dort u.a. Vuillard und Roussel kennen. Im Jahr 1889 verkaufte er einen Plakatentwurf ("France-Champagne") und teilte sich ab 1890 ein Atelier mit Vuillard und Denis. Bonnard war Mitbegründer der Künstlergruppe "Nabis", die dem Symbolismus zugerechnet wird, doch schon bald trennte er sich wieder von dieser Künstlergruppe. Bonnard stellte in diesem Jahr erstmals im "Salon des Indépendants" aus und lernte wenig später Toulouse-Lautrec kennen. 1905 unternahm er mit Vuillard eine Spanienreise, welcher in den darauffolgenden Jahren Reisen u.a. nach Belgien, Holland, England, Italien, Algerien, Tunesien und Südfrankreich folgten. 1925 kaufte sich Bonnard schließlich ein Haus in Le Cannet (bei Cannes), wo er bis zu seinem Tode am 23. Januar 1947 lebte.

Zu den Hauptmotiven des vom japanischen Holzschnitt faszinierten Bonnard zählten insbesondere Landschaften, Blumengärten, Segelboote und der weibliche Akt. Er war vor allem von den Bildern Gaugins fasziniert und zählt wegen des starken Anteils des Lichts in seinen Werken zu den Malern des Impressionismus, obwohl er im Grunde einen eigenen Stil verwirklichte, der in die symbolistische Richtung geht.

Weblinks

Literatur von und über Pierre Bonnard im Katalog der DDB

The Bathroom, 1992

13. März 2004,  02:18, Neue Zürcher Zeitung

Moderne Sicht der Wirklichkeit

Pierre Bonnard - der Maler und seine Modelle

Bei seiner Neuformulierung der Aktdarstellung und des von der Tradition überlieferten Themas «Maler und Modell» tritt Bonnard meist nur versteckt in Erscheinung: in Körperfragmenten, mythologischen Verkleidungen oder hinterlassenen Spuren. Immer bleibt er jedoch als unsichtbar Anwesender spürbar.

Von Ursula Perucchi-Petri

Das klassische Thema «Maler und Modell» umfasst im Allgemeinen die Darstellung des Modells während des Malvorganges. Indem der Künstler sich selbst beim Malen zeigt, verweist er auf den Prozess der Entstehung von Kunst. Berühmte Vorbilder, wie «Die Malkunst» von Vermeer, «Las Meninas» von Velázquez oder «Das Atelier des Malers» von Courbet haben unsere Vorstellung von dem Thema geprägt. Charakteristisch für Bonnard ist, dass er sich den überlieferten Konventionen entzieht und den Bildtypus neu interpretiert. Er stellt nicht den Vorgang des Malens durch ein Gegenüber von Maler und Modell dar, sondern verweist direkt auf das endgültige Werk. Als Maler tritt er nur selten oder «versteckt» in Erscheinung, meist bleibt er unsichtbar. In der frühen Lithographie «Scène de famille» von 1893 ist sein Profil am rechten unteren Bildrand auszumachen. Ab und zu erscheint ein verstecktes Selbstbildnis in einem im Toilettenspiegel reflektierten Körperfragment, oder der Künstler schreitet als «kopflose» Gestalt zeichnend in das Bild hinein, während von dem Modell in der vom Bildrand überschnittenen Badewanne nur noch die Beine zu sehen sind.

SPUREN HINTERLASSEN

Zuweilen hinterlässt er Spuren, etwa seine Hand mit Tonpfeife als Silhouette im Vordergrund von «Intimité» (1891), oder er lässt in der ersten Fassung von «L'Indolente» (etwa 1899), in der sich das Modell wohlig auf dem Bett räkelt, seine Pfeife als Zeichen seiner Anwesenheit auf dem Nachttisch liegen. Auch die Staffelei kann stellvertretend für den Künstler stehen. Man sieht sie in den frühen Atelierbildern meist im Spiegel zusammen mit gestapelten Bildern, jedoch ohne Maler. Georg-W. Költzsch, der sich grundlegend mit dem Maler-und-Modell-Thema auseinandergesetzt hat, stellt fest: «Von dem Ansatz her, dass der Maler eines Maler- und Atelierbildes stets in diesem selbst enthalten ist, weil das Thema seinen eigenen Bereich unmittelbar berührt, ohne dass dieser selbst porträtiert ins Bild gestellt werden muss, lässt jedes Atelierbild auf Züge des Selbstbildnerischen schliessen.»

In einigen Werken ist das Gesicht Bonnards zu erkennen, wie es sich in einem Türpaneel spiegelt, oder man kann ihn in dem Kopf hinter Marthe entdecken, der dem Betrachter aus dem Wandspiegel heraus entgegenschaut. In seinen pastoralen Bildern führt er sich manchmal in Gestalt von Pan oder als Faun ein. Selbst wenn er nicht in irgendeiner Form im Bild auftaucht, bleibt der Künstler als unsichtbar Anwesender spürbar. Das Modell ist das beobachtete Objekt, auch wenn der Maler nicht zu sehen ist.

SCHÜCHTERN UND FEINFÜHLIG

Die Zurücknahme des eigenen Ichs kennzeichnet auch den Menschen Bonnard. Der langjährige Freund Thadée Natanson nennt als einen ins Auge fallenden Charakterzug seine «pudeur» sowie seinen Abscheu vor Zurschaustellungen. «In seine Abneigung gegen jegliche Täuschungsmanöver, die ihn die Gesellschaft fliehen lässt, mischt sich vielleicht ebenso viel Schüchternheit wie Feingefühl oder sogar etwas wie Widerwillen gegen das Geschwätz.» Zurückhaltend und wenig mitteilsam, gab er selten etwas von sich preis. Er «versteckte» sich hinter seinem korrekten Äusseren.

Der Akt gehört vor allem im Spätwerk zu den Hauptthemen von Bonnards Malerei. Um die Jahrhundertwende entstehen erotisch aufgeladene Aktbilder, die Bonnard zum Teil zusammen mit seiner späteren Frau Marthe zeigen, zum Beispiel «L'Homme et la femme», 1900, und «L'Indolente», 1899 (Musée d'Orsay, Paris). Von da an widmet sich der Künstler immer intensiver diesem klassischsten aller Themen. Bei der künstlerischen Darstellung des unbekleideten menschlichen Körpers blieb insbesondere der weibliche Akt bis ins späte 19. Jahrhundert hinein «in der Rolle des oftmals schlafenden - also passiven - Opfers oder des Objektes männlicher Begierde das dominierende Motiv» (Nils Ohlsen). An den Akademien erfolgte das Aktstudium angesichts eines Modells, das festgelegte Posen einnahm, die jegliche Bewegung ausschlossen. Bonnard lädt das von der Tradition überlieferte Thema mit neuer Bedeutung auf. Um 1905 entstehen mehrere Aktbilder in seinem Atelier in der Rue Douai 65, für die er - zunächst ganz klassisch - eine Staffelei benutzt und nach dem Modell arbeitet. Auch seine Nabis-Freunde Vallotton und Vuillard wenden sich zu der Zeit verstärkt der Aktmalerei zu.

Bonnard arbeitet zunächst mit Berufsmodellen, die er sich oft mit Vallotton teilt. Bereits in diesen Bildern wird deutlich, dass er die Modelle nicht in Posen erstarren lässt, wie es an der Akademie die Regel war. Sie stehen oder sitzen in natürlichen Haltungen, und Bonnard zeigt sie bei alltäglichen Beschäftigungen und Bewegungen, eingebettet in den Raum des Ateliers mit seinen vertrauten Gegenständen. Im Gegensatz zu den Akademiesitzungen, in denen eine grössere Distanz zwischen Maler und Modell herrscht, ist der Akt hier ungewöhnlich nah gesehen und in starker Aufsicht wiedergegeben. Dabei bleibt die Bindung an die Bildfläche gewahrt, auch wenn sich Bonnard Ende der neunziger Jahre von dem reinen Flächenstil seiner Nabis-Zeit abwendet.

UNBEMERKTER ZUSCHAUER

Neben den Berufsmodellen wird Maria Boursin, die Bonnard 1893 in Paris kennen lernt und die sich als Marthe de Méligny ausgibt, sein wichtigstes Modell. In ihrer antibürgerlichen Lebensgemeinschaft umgibt ihn Marthes grazile Gestalt mit den schmalen Hüften und den hohen Brüsten ein Leben lang in ungezwungener Weise. Sie scheint nie auf ihn zu achten, sie posiert nicht, sondern konzentriert sich auf ihre eigene Welt und bewegt sich in ihrem persönlichen Rhythmus. Dass dies genau Bonnards Wünschen entsprach, geht aus einer Äusserung von Maillols Modell Dina Vierny hervor: «Er wollte nicht, dass ich still stand. Sein Wunsch war die Bewegung; er bat mich, ihn zu vergessen und vor ihm zu  . . . Er wollte das Leben und gleichzeitig die Abwesenheit.» Diese Dialektik von «Leben» und «Abwesenheit» wird zu einem bestimmenden Kennzeichen der Bilder Bonnards. Da Marthe es liebt, Stunden im Badezimmer zu verbringen, gibt sie Bonnard Gelegenheit, sich als unbemerkter Zuschauer an den alltäglichen Gesten des Sichausziehens, Waschens oder Parfümierens zu inspirieren. Er verleiht Marthe in vielen Bildern etwas Schwebend-Labiles. Die hohen Absätze betonen ihre grazile Erscheinung, und in der Untersicht wirken ihre Beine noch schlanker und auffallend in die Länge gezogen.

In «Nu à la lampe» (um 1910 ) nähert man sich dem Akt in der Intimität eines Innenraums, der - im Gegensatz zu dem gleichmässigen und neutralen Licht in den akademischen Ateliers - in die warme Atmosphäre des Scheins einer Nachttischlampe getaucht ist. Durch die leichte Untersicht und die Fokussierung des Blicks auf die Brüste steigert sich die erotische Ausstrahlung des weiblichen Körpers. Bonnard hat zu der Zeit begonnen, sich im Sinne einer Überhöhung der Schönheit an antiken Skulpturen zu orientieren. Der Torso lässt Erinnerungen an die Venus von Milo wach werden, von der sein Freund Edouard Vuillard einen Gipsabguss besass. Bonnard verwandelt das steinerne Vorbild in einen lebendigen Frauenkörper, indem er ihn von Licht umschmeicheln lässt. Es ist wie eine Liebkosung, in der die emotionale Beziehung des Malers zu seinem Modell spürbar wird. Ganz nah in seiner Sinnlichkeit dargeboten, ist es doch gleichzeitig - ohne Blickkontakt mit dem Betrachter und vollkommen mit sich selbst beschäftigt - in seine eigene Welt zurückgezogen. Mit der Überschneidung durch den Bildrand ragen der Akt und der im Vordergrund stehende, von oben gesehene Sessel in den Raum des Betrachters hinein und umgekehrt: Der Betrachter wird in das Bild hineingezogen.

DER BETRACHTER IM BILD

Wolfgang Kemp hat eine solche Erscheinung in seiner Aufsatzsammlung über Rezeptionsästhetik treffend als «Der Betrachter ist im Bild» gekennzeichnet. Bonnards Strategien sind das extreme Nahbild und der steile Aufblick - Gestaltungsmittel, die er bereits während der Nabis-Zeit in seiner Auseinandersetzung mit japanischen Holzschnitten erarbeitet hat. Der Betrachter gerät dabei in die Rolle des Künstlers. Seine Tagebuchnotiz «Man sollte die Gegenwart des Malers spüren» deutet darauf hin, dass sich Bonnard dieser Tatsache bewusst war.

Seit der Jahrhundertwende lässt sich bei Bonnard - wie bei vielen anderen Künstlern seiner Zeit - eine zunehmende Rückbesinnung auf klassische Bildtraditionen feststellen. Häufig geht dies mit einem Rückgriff auf Motive der «Hirtenidylle» und auf Vorstellungen vom idealen Land Arkadien einher, die Dichter und Maler über die Jahrhunderte hinweg immer wieder beflügelt haben. In seinen pastoralen Kompositionen identifiziert er sich häufig mit der Gestalt des Fauns, der den Nymphen auflauert. Bei Mallarmé, den Bonnard zeitlebens bewunderte, war der Faun in «L'Après-midi d'un faune» ein Symbol für den Künstler. Auch in dem Bild «Les Faunes», 1905-10, handelt es sich bei dem Flöte spielenden Faun in der linken Bildhälfte um eine Identifikationsfigur des Künstlers, zumal ihm ein Dackel - Bonnards ständiger Begleiter - als Attribut beigegeben ist. Zwei wohlgestaltete Akte tändeln mit einem in der Wiese ausgestreckten Faun und machen sich einen Spass daraus, ihn mit einem Grashalm zu stimulieren. Die vorherrschenden Grün- und Blautöne widerspiegeln sich auf den nackten Körpern und schliessen sie derart mit den sie umgebenden Bäumen und Büschen zusammen, dass man sie wie in einem Vexierbild nach und nach herauslesen muss. Mit dem Verweben in einem gemeinsamen Farbgeflecht beschwört Bonnard die ursprüngliche Einheit von Göttern, Menschen, Tieren und Natur. Die Faune und Nymphen, die für die ungezähmte Natur stehen, werden zu Bedeutungsträgern für seinen Traum vom idealen Land Arkadien, den er als «Gegenwelt» zu der bedrückenden Realität des modernen Lebens entwirft. In seinem «versteckten Selbstbildnis» offenbaren sich dabei sorgsam verborgene Seiten seiner Natur, die sein eigenes Begehren spürbar werden lassen.

UNMITTELBARE KONFRONTATION

Parallel zu den pastoralen Landschaften kehrt Bonnard zum Modellstudium zurück. Ein aufschlussreiches Beispiel für seinen neuen Klassizismus bildet das Spiegelbild «La Cheminée» oder «Torse de femme vu dans un miroir» von 1916. Der frontal gespiegelte, skulptural modellierte Halbakt spielt mit seiner auffallenden Armhaltung auf die klassische Geste der «Sterbenden Niobe» an (S. M. Newman). Diese antike Skulptur von etwa 440-430 v. Chr. war im Jahre 1906 ausgegraben worden und hatte grosse Publizität erlangt. Als Mutter von sieben Söhnen und sieben Töchtern hatte sich Niobe Leto gegenüber, die nur zwei Kinder geboren hatte, gebrüstet. Zur Strafe töteten Apollo und Artemis ihre Kinder mit ihren Pfeilen, und sie selbst erstarrte zu Stein. Man muss sich fragen, was es bedeutet, wenn sich Bonnard in mehreren Bildern dieser Pathosgeste bedient. Zu seiner Zeit galt Niobe als Inbegriff der Trauernden. Erst heute weiss man, dass nicht Niobe dargestellt ist, sondern eine der Niobiden, der Töchter. Indem Bonnard ihre Geste aufnimmt, hebt er seinen Akt auf eine neue Bedeutungsebene.

Bei dem Modell in «La Cheminée» handelt es sich wahrscheinlich um Lucienne Dupuy de Frenelle, die Frau eines Arztes, die Bonnard 1916 kennen lernte und in die er sich verliebte. Ihre Schmerzgeste gliedert sich ein in das auffallend strenge Kompositionsgerüst aus Vertikalen und Horizontalen, die aufgenommen werden von dem die Rückseite des Aktes in einem Ausschnitt reflektierenden niedrigen Standspiegel und von dem gespiegelten Bild eines Frauenaktes von Maurice Denis von 1891, der sich im Besitz Bonnards befand. Die Frontalität des Spiegels ermöglicht dem Betrachter eine unmittelbare Konfrontation mit dem Halbakt. Dieser schaut ihn jedoch nicht an, und die Barriere des Cheminée-Aufsatzes macht ihn eher unzugänglich. Die Dialektik von Nähe und Ferne erhält besondere Schärfe durch die Fragmenthaftigkeit der einzelnen Elemente, die eine Entrealisierung des nur als Spiegelung sich ereignenden Bildgeschehens zur Folge hat. Der Spiegel als Vanitas-Symbol unterstreicht die melancholische Stimmung des Bildes, und die Trauergeste bringt zusammen mit dem schwermütigen Gesichtsausdruck ein weiteres Motiv der Vanitas-Ikonographie zum Ausdruck, dass auch die Liebe und die Erotik eitel und vergänglich sind.

Es gibt gute Gründe, die latente Trauer, die auch anderen Bildern aus dieser Zeit anhaftet, mit den persönlichen Ereignissen in Bonnards Leben in Zusammenhang zu bringen. Von 1920 bis 1923 verband ihn wiederum ein Liebesverhältnis mit einem Modell, Renée Monchaty, das er jedoch wegen Marthe 1923 beendete. Renée Monchaty nahm sich 1925 das Leben, kurz nachdem Bonnard Marthe geheiratet hatte. Er war zutiefst erschüttert. Marthe reagierte damals immer aggressiver und eifersüchtiger, und ihre jahrzehntelang fragile Gesundheit verschlechterte sich zusehends.

HISTORISCHE VORBILDER

Mit der zunehmenden Kenntnis von Bonnards damaligen Lebensverhältnissen ist man geneigt, auch andere Bilder aus dieser Zeit neu zu interpretieren. In «Nu dans la baignoire» (1925) - eine der kühnsten Kompositionen - ist die überschnittene Badewanne in der rechten Bildhälfte, in welcher der Akt nur noch als Fragment zu sehen ist, in einer so ungewöhnlich steilen Aufsicht wiedergegeben, dass sie nach unten wegzurutschen droht. Die von links halb in das Bild hineinschreitende «kopflose» Gestalt, die mit dem Künstler identifiziert werden kann, scheint mit ihren Skizzen Zeugnis von dem unheimlichen Geschehen ablegen zu wollen. Das Werk gehört zu einer Reihe von Bildern, in denen der Akt in betontem Aufblick in der Badewanne liegt. In «Le Bain» (1925) beispielsweise vermitteln die bleichen Graublautöne von Körper und Wasser zusammen mit dem kalten Weiss der Badewanne den Eindruck von Abgestorbenem. Nicht von ungefähr haben S. M. Newman und S. Whitfield auf die merkwürdige Leblosigkeit des Körpers und auf die Ähnlichkeit der Badewanne mit der Form eines Sarkophags aufmerksam gemacht.

Immer wieder bezieht sich Bonnard bei der Neuformulierung der Aktdarstellung - ähnlich wie Maillol und Matisse, Derain und Picasso - auf antike Skulpturen. In vergleichbarer Weise greift er bei der Erneuerung seiner Landschaftsmalerei auf die Klassiker des französischen Erbes Nicolas Poussin und Claude Lorrain zurück. Der moderne Künstler, der die überlieferten Konventionen ablehnt, wählt seine Vorbilder aus der Geschichte der Kunst und verwandelt sie in von eigenen Emotionen geprägte Ausdrucksfiguren seiner Zeit. Bei allen im Gedächtnis gespeicherten Bildern der künstlerischen Tradition bleibt jedoch die Grundvoraussetzung für Bonnards Gestaltung die direkte Anschauung der Natur und des zeitgenössischen Lebens. Das Einbeziehen klassischer Topoi bedeutet nicht eine Rückkehr zu traditionellen Bildformulierungen, es ermöglicht höchst komplexe Gebilde, in denen sich Subjektives zu Allgemeingültigem transformiert, sich Zeitgenössisches mit Zeitlosem in einer von den ästhetischen Konventionen befreiten, modernen Sicht der Wirklichkeit verbindet.

Nude in the Bath

Ab 28. März 2004 findet im Kunstmuseum Winterthur und in der Villa Flora Winterthur die Ausstellung in zwei Teilen, «Bonnard in Winterthur», statt. Im Kunstmuseum präsentiert Dieter Schwarz «Werke aus Schweizer Sammlungen». Die Villa Flora zeigt «Der Maler und seine Modelle». Die Ausstellung im Kunstmuseum dauert bis zum 20. Juni, die Ausstellung in der Villa Flora läuft weiter bis zum 16. Januar 2005.