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Caspar David Friedrich (1774 - 1840)

Caspar David Friedrich (* 5. September 1774 in Greifswald , Vorpommern ; ? 7. Mai 1840 in Dresden ) war einer der bedeutendsten Maler der deutschen Romantik , die er zusammen mit Philipp Otto Runge wie kaum ein anderer Künstler beeinflusste. Seine Werke sind vor allem durch mittelalterliche Motive , Natur - und Landschaftsdarstellungen und Heimatbezug geprägt und lassen sich teilweise besser verstehen, wenn man weiß, dass er in frühen Kindheitsjahren beim Schlittschuhlaufen im Eis einbrach und sein Bruder, der ihn retten wollte, bei der Rettung ertrank. Er erhielt seine Ausbildung durch ein Studium an der Königlichen Kunstakademie in Kopenhagen und arbeitete seit 1798 in Dresden , reiste aber oft in seine Geburtsstadt Greifswald und besuchte die nahegelegene Insel Rügen .

Seine bis in die heutige Zeit reichende Bedeutung kommt beispielsweise in der Benennung des Caspar-David-Friedrich-Instituts für Bildende Kunst und Kunstwissenschaften der Universität Greifswald zum Ausdruck. Seit 5. Mai 2006 ist die seit 30 Jahren umfangreichste Ausstellung Friedrichs zu sehen; 70 Gemälde und über 100 Papierarbeiten sind im Essener Folkwang Museum zugänglich. Die Ausstellung läuft bis 20. August 2006.

Kunstschaffen

Grundeinstellung

Caspar David Friedrich verkörperte den typischen Romantiker : Er war eher introvertiert , weltscheu, naturverbunden und religiös. Seine Passion für mittelalterliche Motive wurde teilweise durch seinen Freund Goethe inspiriert.

Friedrichs Bilder werden oft als Ausdruck seiner seelischen Verfassung interpretiert: seine Gedanken kreisten demnach oft um Sein, Vergehen und Werden. Seine gotische Melancholie lässt sich durch seine ohnehin schon depressive Veranlagung erklären, die durch seine eingangs geschilderten Erfahrungen in seiner Jugend noch verstärkt wurde. Ihm war nicht die Schönheit dessen, was er malte, wichtig, sondern seine Weltanschauungen: so sah er die Erde als Jammertal, ähnlich wie die Künstler des Barock .

?Warum, die Frag´ ist oft zu mir ergangen, wählst du zum Gegenstand der Malerei so oft den Tod, Vergänglichkeit und Grab? Um ewig einst zu leben, muss man sich oft dem Tod ergeben."

Caspar David Friedrich konnte aber auch fröhlich und ausgelassen sein, nicht nur in Zeiten seines Erfolges, was nur in wenigen seiner Bilder erkennbar ist. Er war weniger melancholischer Pessimist als realistischer Romantiker mit gefestigten politisch-religiösen Überzeugungen.

Verhältnis zur Natur

Caspar David Friedrich stand in seiner Auffassung von Natur im Gegensatz zum Realismus der Klassizisten. Er sah die Natur als Spiegel menschlicher Empfindungen.

?Also nur was man mit leiblichen Augen gesehen und [...] nachgeäfft, sei Aufgabe und Forderung unserer Zeit [...]. Ich gestehe, dass ich nimmer und nie dieser Meinung beistimmen werde. Allerdings gestehe ich gerne, dass diese Bilder, so allen diesen Forderungen dieser Zeit entsprechen sollen, viele und große Verdienste haben, und mich der treuen Nachahmung des Einzelnen erfreut. Aber das ganze hat für mich wenig Anziehung, eben weil ich das innige geistige Durchdrungensein des Künstlers von der Natur vermisse."

Caspar David Friedrich folgte nicht dem italienischen Kunsttrend und war auch kein Anhänger der antiken Meister. In seinem Verständnis sollte Kunst zwischen den beiden Werken Gottes, Mensch und Natur, vermitteln. Aus dieser Sicht heraus näherte er sich den Naturschönheiten, in deren Darstellungen er Stimmungen und Empfindungen verarbeitete. Seine Werke sind demzufolge keine Abbilder der Natur, sondern sie vergegenständlichen zusätzlich das Unfassbare, das metaphysische Empfinden. Die realistisch-emotionale Darstellungsweise der Landschaften wird unter anderem durch eine unendlich scheinende Weite verstärkt. Sein früherer Freund Andreas Geers brachte ihn auf die Idee, die Menschen in seinen Werken von hinten zu malen.

Symbolik

?   Die Farbe Violett (und allgemein ein Kontrast zwischen Dunkel im unteren Teil und heller Darstellung im oberen Teil eines Bildes) dominiert in einigen Bildern. Sie ist und war, nicht nur für Caspar David Friedrich, die Farbe der Trauer und Melancholie. Durch sie wirkt das gesamte Bild schwermütig, die häufig depressive Seelenverfassung Friedrichs ist anhand solcher Bilder gut nachzuvollziehen.

?   Das Naturerlebnis in der nordeuropäisch-teutonischen (Um-)Welt war für Friedrich ein sehr persönliches mystisch-religiöses Ereignis. Er setzte die Natur dem Göttlichen gleich - eine sehr pantheistische Religionsauffassung und Grund dafür, dass er auch im Widerspruch zum zeitgenössischen Protestantismus stand, der Natur eher als ?heidnische Mutter" sah denn als bewundernswertes Werk Gottes. In seinen Bildern nehmen die Figuren durch das Betrachten des Naturschauspiels Kontakt zum Göttlichen auf. Sie verbinden dadurch das dunkle irdische Leben, in dem sie sich befinden mit dem hellen überirdischen, in das sie posthum gelangen werden. Die Ferne ist Symbol für das angestrebte Jenseits.

?   Der Lebensweg eines Menschen wird zum Beispiel in ?Mondaufgang am Meer" durch Schiffe dargestellt, die sich zwar noch auf dem Meer befinden, aber irgendwann den Hafen anlaufen werden, was mit dem Tod gleichzusetzen ist.

?   Das Fundament, auf dem sich die Personen befinden, bildet ein öfters gewaltiger Stein oder ein Felsen. Ebenso stellt der Glaube, nach Friedrichs Ansicht genauso unerschütterlich wie ein Findling, das geistige Fundament der Menschen dar. Die Menschen stehen meist gefestigt, beeindruckt und in guter Kleidung.

?   Schnee wurde von Friedrich, anders als im Rokoko des 16. und 17. Jahrhundert, nicht als saisonaler Zuckerguss, sondern als dicht am schweigsamen Tode gesehen - eine für Friedrich typische Mystifizierung (ähnlich der von Kiefernwäldern und anderen Motiven).

Zeitgeist

Darüber hinaus sind einige seiner Landschaftsbilder eine Allegorie auf die patriotische Stimmung um die Zeit der Befreiungskämpfe in den deutschen Staaten. Der Einsame Baum aus dem Jahre 1821 zum Beispiel, Synonym für Deutschland, ist durch die Besetzung der Franzosen beschädigt. In der Umgebung des Baumes deutet sich aber schon eine bessere Entwicklung an, zum Beispiel durch das aufgehende Tageslicht.

Die Bedeutung seiner Bilder kamen dem aktuellen deutschen Publikumsgeschmack entgegen, Friedrichs Bilder waren gefragt. Die Nachfrage nach seinen Werken besserte seine finanziellen Verhältnisse jedoch nur zeitweise auf. Nach den Befreiungskriegen schlug die patriotische Stimmung allerdings um in reaktionäres Verhalten der Regierungsverantwortlichen. Seine Bildthemen stießen daher später eher auf Ablehnung.

Die Bilder Friedrichs entstanden in einer Phase der Veränderungen Preußens: geistliche Gebiete wurden säkularisiert , Preußen unterlag Napoleon und wurde nach dem Wiener Kongress neu geordnet. Die folgende Zeit war gekennzeichnet durch Bemühungen zur Wiederherstellung der alten Zustände. Die Inhalte vieler Bilder wurden im Hinblick auf die damalige politische Situation Preußens oft als Allegorien verstanden.

Friedrichs Figuren sind in der alten deutschen Tracht gekleidet, für die auch der Rüganer Ernst Moritz Arndt in seiner Schrift ?Über Sitte, Mode und Kleidertracht" warb. Durch die deutsche Tracht drückte Friedrich seine politische Überzeugung aus: wie auch viele andere Vertreter akademischer Kreise hat er:

?...die Erinnerung an die Freiheitskriege und den politischen Enthusiasmus, an die Entwürfe für eine gerechtere soziale Ordnung, an die Verwirklichung einer demokratisch-republikanischen Ordnung festgehalten."

 

Komposition

Die Anordnung der Bildgegenstände wirkt auf den ersten Blick natürlich und emotionalisiert zugleich. Vielen Bildern Friedrichs liegt ein strenges Kompositionsprinzip zugrunde, das W. Wolfradt als ?hyperbolisches Schema" bezeichnete. Der Horizont liegt fast immer in der vertikalen Bildmitte und dient als eine Art Spiegelungsachse. Außerdem gibt es häufig erkennbare vertikale Verläufe. Geometrische Dreiecke können entdeckt werden. Vordergrund und Hintergrund stehen in einem Verhältnis zueinander.

Rückenfiguren

Personen, die dem Rezipienten den Rücken zukehren, nehmen in den Ölbildern Friedrichs ab 1807 eine zentrale Position ein. Weil Caspar David Friedrich kein Meister darin war, Personen zu zeichnen, vermutet man heute, dass sein Freund Georg Friedrich Kersting einige Figuren auf Friedrichs Bildern gemalt hat. Diese Figuren kopierte Friedrich dann sogar in weitere Gemälde. Dies könnte der Grund für die Ähnlichkeit vieler Rückenpersonen sein.

Die Rückenpersonen sind allerdings keine Erfindungen Friedrichs. Sie haben eine bis in die Antike zurück gehende Tradition. Caspar David Friedrich setzte sie der überwältigenden Natur in seinen Bildern als Kontrast entgegen. Sie sind nicht als Bestandteil der Natur wahrzunehmen, sondern als der Natur untergeben und nicht zugehörig. Die Figuren sind fast immer einsame und isolierte Individualisten, in denen sich oft der Künstler selbst wiedererkennen lässt. In einem Brief an seine Frau thematisierte er seine Vereinsamung:

?Alles ist Stille-Stille-Stille um mich her; [...] allein und immer allein; es tut mir wohl, aber immer möchte ich es nicht so haben."

Auf Friedrichs Bildern befinden sich die Rückenfiguren meist in der Mitte, so dass sie den Fluchtpunkt verdecken. Dadurch wird der Betrachter animiert, sich in die Figur hinein zu versetzen und sich ebenfalls andächtig dem Naturereignis zu widmen.

Siehe auch: Beobachtung

Fazit

In seinen Gemälden erreichte Friedrich eine metaphysische Transparenz. Er malte akribisch genau, ergänzte und vertiefte seine Gemälde immer wieder. Dies führte manchmal dazu, dass er zur Fertigstellung eines Bildes mehrere Jahre brauchte. Typisch für die romantische Bewegung malte Friedrich Menschen immer als Silhouetten, als Staffagefiguren. Nur selten zeichnete er Gesichter.

Ohne Zweifel war Caspar David Friedrich einer der wichtigsten deutschen Vertreter der Romantik. Sein französischer Zeitgenosse, der Bildhauer David d'Angers, bezeichnete ihn einmal als den ?Entdecker der Tragödie in der Landschaft" . Er gilt mit seinen einfühlsamen Stimmungsbildern zu verschiedenen Jahreszeiten und Tageszeiten als der bedeutendste Landschaftsmaler der Romantik.

Deutungen

Zu Friedrichs Lebzeiten beschränkten sich Aussagen über seine Werke auf kurze und sachliche Besprechungen, so z. B. in Ausstellungsbesprechungen in Der Freimüthige oder im Journal des Luxus und der Moden . Manchmal wurde eine Todessehnsucht in seine Werke interpretiert oder Aussagen über das angeblich dargestellte jenseitige Leben getroffen. Sein Spätwerk wurde meist als originalsüchtig und idealistisch bezeichnet und damit degradiert. Einer der bedeutendsten Kritiker Friedrichs war Basilius von Ramdohr ; dieser löste mit seiner Kritik an Friedrichs Tetschener Altar einen lang andauernden Kunststreit aus, der hauptsächlich in der Zeitung für die elegante Welt ausgetragen wurde.

Politischen Charakter erhielten Deutungen besonders während des zweiten Weltkrieges. Friedrich und sein Werk wurden für den Nationalsozialismus und die Rassenideologie missbraucht. Hier ist in erster Linie Kurt Karl Eberlein zu nennen. Während des Impressionismus richtete sich besondere Aufmerksamkeit auf Friedrichs Darstellung der Natur. Seine Landschaften waren laut Forschungen darauf ausgerichtet, menschliche Gefühle darzustellen und beim Betrachter bestimmte Emotionen auszulösen. Der allegorische und religiöse Charakter seiner Werke wurde nur von wenigen Autoren bemerkt.

Schwedenbezug

Friedrichs Geburtsort Greifswald gehörte von 1630 bis 1815 zu Schweden . 1824 gab er seinem Sohn den Namen des schwedischen Königs Gustav IV. Adolf. Das Gemälde Lebensstufen (1835) zeigt Friedrichs jüngere Tochter Agnes Adelheid und seinen Sohn Gustav Adolf mit einem schwedischen Fähnchen.

Der schwedische Literat Per Daniel Amadeus Atterbom schrieb über den Maler: ?Friedrich ist Pommer... und hält sich für einen halben Schweden" (in Reisebilder aus dem romantischen Deutschland, 1859) .

Werke:

Wrack im Eismeer (Hamburg, Kunsthalle, Zuschreibung an Friedrich wird angezweifelt), 1798

Blick auf Arkona mit aufgehendem Mond und Netzen (Privatbesitz von Jan Krugier), 1803

Westfassade der Ruine Eldena mit Backhaus und Scheune (Angers, Musée des Beaux-Arts), 1806

Der Sommer (München, Neue Pinakothek), 1807

Hünengrab im Schnee (Dresden, Galerie Neue Meister), 1807

Nebel (Wien, Kunsthistorisches Museum), 1807

Ausblick ins Elbtal (Dresden, Galerie Neue Meister), um 1807

Das Kreuz im Gebirge (Tetschener Altar) (Dresden, Galerie Neue Meister), 1808

Morgennebel im Gebirge (Rudolstadt, Museum Schloss Heidecksburg), 1808

Winter ( Klosterruine Eldena ), 1808 (1931 verbrannt)

Der Mönch am Meer (Berlin, Alte Nationalgalerie), 1809/10

Abtei im Eichwald (Berlin, Alte Nationalgalerie), 1809/10

Gebirgslandschaft mit Regenbogen (Essen, Museum Folkwang), 1810

Böhmische Landschaft mit dem Milleschauer (Dresden, Galerie Neue Meister), um 1810

Landschaft mit Regenbogen (seit 1945 verschollen), um 1810

Felspartie (Dresden, Galerie Neue Meister), 1811

Winterlandschaft mit Kirche (Dortmund, Museum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Cappenberg), 1811

Felsenschlucht im Harz (Greifswald, Pommersches Landesmuseum), 1811

Kreuz und Kathedrale im Gebirge (Düsseldorf, Kunstmuseum), 1812

Gräber gefallener Freiheitskrieger (Hamburg, Kunsthalle), 1812

Kreuz an der Ostsee (Berlin, Schloss Charlottenburg), 1815

Greifswalder Hafen (Potsdam, Schloss Sanssouci), 1815/16

Neubrandenburg (Greifswald, Pommersches Landesmuseum), 1816/17

Greifswald im Mondschein (Oslo, Norwegen, Nationalgalerie), 1816/17

Küstenlandschaft in der Dämmerung (Lübeck, Museum für Kunst und Kulturgeschichte), 1816-18

Der Wanderer über dem Nebelmeer (Hamburg, Kunsthalle), wohl 1817

Gartenlaube in Greifswald (München, Neue Pinakothek), 1818

Nacht im Hafen (Schwestern) (St. Petersburg, Eremitage), 1818

Frau vor untergehender Sonne (Sonnenuntergang, Sonnenaufgang, Frau in der Morgensonne) (Essen, Museum Folkwang), um 1818

Kreidefelsen auf Rügen (Winterthur, Sammlung Dr. Oscar Reinhardt), um 1818

Auf dem Segler (St. Petersburg, Russland, Ermitage), 1818/19

Schiffe im Hafen von Greifswald (Berlin, Alte Nationalgalerie), 1818-20

Zwei Männer in Betrachtung des Mondes (Dresden, Galerie Neue Meister), 1819

Mann und Frau in Betrachtung des Mondes , 1830-1835

Mondaufgang am Meer , (St. Petersburg, Eremitage), 1819

Klosterfriedhof im Schnee , 1819 (1945 zerstört)

Hünengrab im Herbst (Dresden, Galerie Neue Meister), um 1820

Ziehende Wolken (Hamburg, Kunsthalle), wohl 1820

Frau am Fenster (Berlin, Alte Nationalgalerie), 1822

Der Abend (Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum), um 1820-1821

Der Morgen (Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum), um 1820-1821

Wiesen bei Greifswald (Hamburg, Kunsthalle), 1820-22

Einsamer Baum (Berlin, Alte Nationalgalerie), 1822

Am Stadtrand von Greifswald (Berlin, Alte Nationalgalerie), 1822/23

Mondaufgang am Meer (Berlin, Alte Nationalgalerie), 1822/23

Am Ryck in Greifswald mit Blick auf die Mühlen vor der Steinbecker Schanze (Berlin, Alte Nationalgalerie), 1822/23

Eismeer (Hamburg, Kunsthalle), 1823/24

Abend (Wolken) (Mannheim, Kunsthalle), 1824

Bäume im Mondschein (Köln, Wallraf-Richartz-Museum), um 1824

Der Watzmann (Berlin, Alte Nationalgalerie), 1824/25

Bäume und Sträucher im Schnee (Dresden, Galerie Neue Meister), um 1825

Friedhofseingang (unvollendet, Dresden, Galerie Neue Meister), 1825

Hügel mit Bruchacker bei Dresden (Hamburg, Kunsthalle), 1825

Ruine Eldena (Berlin, Alte Nationalgalerie), 1825

An der Stadtmauer (Dresden, Privatsammlung), 1. Viertel 19. Jh.

Schiffe im Hafen am Abend (Dresden, Galerie Neue Meister) 1827/28 ausführliche Bildbeschreibung und -interpretation

Verschneite Hütte (Hütte im Schnee) (Berlin, Alte Nationalgalerie), um 1827

Tannenwald mit Wasserfall (Hamburg, Kunsthalle), 1828

Fichtendickicht im Walde (München, Neue Pinakothek), 1828

Mondschein auf dem Meer (Berlin, Alte Nationalgalerie), 1830

Abend am Ostseestrand (Dresden, Galerie Neue Meister), um 1830

Sturzacker (Hamburg, Kunsthalle), um 1830

Berglandschaft in Böhmen (Hamburg, Kunsthalle), wohl 1830

Das Große Gehege bei Dresden (Dresden, Galerie Neue Meister), 1831/32 [1]

Ruine Eldena im Riesengebirge (Greifswald, Pommersches Landesmuseum), 1830/34

Flachlandschaft am Greifswalder Bodden (Schweinfurt, Sammlung Georg Schäfer), um 1830-1834

Sumpfiger Strand (Hamburg, Kunsthalle), 1832

Das Große Gehege (Ostra-Gehege) (Dresden, Gemäldegalerie), um 1832

Junotempel in Agrient (Dortmund, Museum am Ostwall) um 1828-1830

Das brennende Neubrandenburg (unvollendet, Hamburg, Kunsthalle), 1834

Lebensstufen (Leipzig, Museum der Bildenden Künste), um 1834

Erinnerungen an das Riesengebirge (St. Petersburg, Eremitage), vor 1835

Erinnerung an das Riesengebirge (St. Petersburg, Eremitage, seit 1945 verschollen), um 1835

Meeresufer im Mondschein (Hamburg, Kunsthalle), 1835

Sonnenaufgang bei Neubrandenburg (Hamburg, Kunsthalle), um 1835

Wald im Spätherbst (Waldwasser, Herbstwald) (Erfurt, Angermuseum), 1835

Landschaft im Charakter des böhmischen Mittelgebirges (Riesengebirge) (seit 1945 verschollen), um 1830-1835

Der Träumer (St. Petersburg, Eremitage), 1820-1840

Literatur:

 

Werner Busch : Caspar David Friedrich. Ästhetik und Religion. CH Beck, München 2003, ISBN 3-40-650308-X

Herbert von Einem : Bildband über Caspar David Friedrich. 2. Auflage, Rembrandt-Verlag, Berlin 1938; 3. Auflage, Verlag Konrad Lemmer, Berlin (ohne Jahresangabe)

Helmut Börsch-Supan & Karl Wilhelm Jähnig: Caspar David Friedrich. Gemälde, Druckgraphik und bildmäßige Zeichnungen. Prestel Verlag, München 1973. (Werkeverzeichnis Friedrichs mit Biographie).

Helmut Börsch-Supan: Caspar David Friedrich. Prestel Verlag, München 2005, ISBN 3-79-133333-X

Sabine Rewald (Herausgeberin): Caspar David Friedrich. Gemälde und Zeichnungen aus der UdSSR. Verlag Schirmer/Mosel München-Paris-London 1991, ISBN 3-88814-420-5 (120 Seiten, 28 Farbtafeln, 41 Abbildungen, übersetzter Austellungskatalog des Metropolitan Museum of Art in New York)

Herrmann Zschoche (Herausgeber): Caspar David Friedrich. Die Briefe. 2. Auflage, ConferencePoint Verlag Hamburg 2005, ISBN 3-936406-12-X

Karl-Ludwig Hoch : Caspar David Friedrich - unbekannte Dokumente seines Lebens Verlag der Kunst, Dresden 1985

Karl-Ludwig Hoch : Caspar David Friedrich und die böhmischen Berge Verlag der Kunst, Dresden 1987

Karl-Ludwig Hoch : Caspar David Friedrich in der Sächsischen Schweiz Verlag der Kunst, Dresden 1996

Karl-Ludwig Hoch : Caspar David Friedrich und Krippen in: Sächsische Heimatblätter 1979, 3, S.119 ff.

Karl-Ludwig Hoch : Caspar David Friedrichs Frömmigkeit und seine Ehrfurcht vor der Natur Diss. Leipzig 1981

Hans Joachim Neidhardt : Die Malerei der Romantik in Dresden, Leipzig 1976

Weblinks:

Wikiquote: Caspar David Friedrich - Zitate

Commons: Caspar David Friedrich - Bilder, Videos und/oder Audiodateien

Aktuelle Ausstellung im Museum Folkwang in Essen (5. Mai - 20. August 2006)

Literatur von und über Caspar David Friedrich im Katalog der DDB

Theodor Pyl:  Friedrich, Caspar David in der Allgemeinen Deutschen Biographie (ADB), Bd. 8, S. 64-66

Eintrag (inkl. Literaturangaben) im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL)

Kurzbiographie und einige seiner Werke

die Werke von Caspar David Friedrich

Einige seiner Werke darunter "Das Kreuz im Gebirge"

Friedrich und seine Heimatstadt Greifswald

30 meist farbige Bilder (PDF in der Arno-Schmidt-Referenzbibliothek der GASL)

Caspar-David-Friedrich Gesellschaft

Caspar David Friedrich - Die Erfindung der Romantik. Ausstellung im Folkwang Museum Essen (05. Mai - 20. August 2006)

Einsamer Baum (Dorflandschaft bei Morgenbeleuchtung, Harzlandschaft), Öl auf Leinwand

3. Juli 2004,  02:15, Neue Zürcher Zeitung

Caspar David Friedrich, der genaue Romantiker

 

  «Ästhetik und Religion» - eine Studie von Werner Busch

 

Caspar David Friedrich (1774-1840) ist der prototypische Maler der deutschen Romantik. Bilder wie «Das Eismeer» oder «Kreidefelsen auf Rügen» gelten als Ikonen einer abgründigen Mystik der Natur. Wie aber stellt sich Friedrichs Schaffensprozess in seinen gedanklichen und technischen Voraussetzungen dar?

 

Von Martin Meyer

Goethe, wie man weiss, brachte der deutschen Romantik, insbesondere ihrer Literatur, nur gemischte Gefühle entgegen. Das Originelle, worin sich Dichter wie Novalis, Tieck oder die Brüder Schlegel übten, ohne dass daraus gedankliche Anstrengung gesprochen hätte, erkannte der Meister als etwas Massloses. Ironie und Spiel waren schon recht; davon verstand Goethe selber genug. Aber eine Kunst, die sich den Kosmos wie eine ungeheure Projektionsfläche für allerlei «Subjektives» zu eigen machte, verlor den Grund - für Goethe: das Ewige hinter allen Erscheinungen. Weniger abwehrend reagierte der Olympier, wenn er sich mit der Malerei der Romantik beschäftigte. Als Zeichner und Aquarellist folgte er zwar dem Klassizismus, wie es ihn Hackert gelehrt hatte. Hingegen liess er's nicht an Anerkennung fehlen, wo ein Könner dessen Grenzen sanft überspielte. Im fünfzehnten Buch von «Dichtung und Wahrheit» beschreibt Goethe einen intimen Moment, da er selbst «bei untergehender Sonne» und allerdings recht dilettantisch am Bild dieser Szene arbeitet. Wäre nun der Maler Kersting mit der Aufgabe betraut gewesen, so hätte sich das Geschaffene gewiss als «höchst anmutig» erwiesen.

Georg Friedrich Kersting war ein Romantiker der Stille. Berühmt ist sein Gemälde «Lesender bei Lampenlicht». Ein junger Mann sitzt am Schreibpult, nachdenklich vertieft in ein Buch; die Kerzen erleuchten das Gesicht, auf der grünen Wand laufen, eher streng, die Schatten; zur Rechten und in warmem Braun eine Bibliothek. Das heisst, die Szene weist nach innen, der Innenraum des Menschen ist dargestellt, hier formen sich Gedanken, Träume, Gefühle. So viel Weltabgewandtheit wäre Goethes Sache nicht gewesen, aber mit der ins Bild gesetzten Ordnung der Anmut konnte sich der Klassiker durchaus einverstanden erklären. Sein eigenes Haus in Weimar war schliesslich ähnlich «aufgeräumt».

ATELIER MIT MALER

 

Im Jahr 1812 und mit demselben Tonfall porträtierte Kersting aus der Realität. Er malte seinen Freund, Caspar David Friedrich, in dessen Dresdener Atelier. Wieder atmet alles Intimität, wieder geht die Bewegung nach innen. Immerhin kommt das Licht von draussen, durch ein Fenster, aus diffusem Wolkenblau, und der Blick des Künstlers zieht nicht ins Imaginäre, er ist gefesselt auf das Bild hin, das sich auf der Staffelei befindet. Nur Friedrich kann sehen, woran er schafft, doch so muss es sein: Der kahle, mönchisch geordnete Raum entspricht dem Charakter dieses Arbeiters, dessen Gesicht von mildem Erstaunen geprägt scheint; was sich ihm im Prozess der Bildschöpfung ergibt, bleibt irgendwie Geheimnis. Andere Besucher werden Friedrichs Klause auf ähnliche Weise beschreiben, sie werden auch von der Demut berichten, die den grossen Landschaftskünstler wie sein wahrer Schatten begleitete. Der ist nun darin das Gegenteil des hochfahrend-subjektiven Romantikers, ein Mann, der zögert und erwägt und vermisst, bevor er die Natur ins Bild zu bringen wagt. Als ihn Goethe am 18. September 1810 in dem nämlichen Atelier aufsucht, heisst es im Tagebuch lapidar: «Zu Friedrich. Dessen wunderbare Landschaften. Ein Nebelkirchhof, Ein offenes Meer.» Das Kompliment bleibt zweideutig, denn das Wunderbare meint auch den Zweifel, ob sich die Wirklichkeit so sehr ins Visionäre - und also doch Romantische - verschieben lasse.

Dass auch Caspar David Friedrich ein Romantiker der Stille und des Schweigens war, wird niemand bestreiten. Aber der Maler der «Kreidefelsen» und des «Mönchs am Meer», des «Wanderers über dem Nebelmeer» und des «Abendsterns», des «Eismeers» und der «Abtei im Eichwald» wurde schon früh zugleich als Mystiker wahrgenommen. Nicht für sich selbst sprechen seine Ansichten aus der Natur, vielmehr tragen sie Symbolisches, und da vor allem das Religiöse - Andacht, Hoffnung, dann wieder Gestorbenes und Erstarrung. «Caspar David Friedrich. Ästhetik und Religion» lautet deshalb der Titel einer Monographie, die Werner Busch vorgelegt hat. Der Berliner Kunsthistoriker, mit Friedrichs Werk seit Jahrzehnten vertraut, hätte da wenig zu korrigieren: Es stimmt, kein anderer deutscher Romantiker brachte mit vergleichbarer Intensität die Stimme einer christlich inspirierten Kunst zu Farbe und Gehör.

Doch Inspiration ist weit entfernt von Illustration. Als ein freundlicher Detektiv spürt Werner Busch dem «work in progress» nach, worauf wir sehen können, um wie viel komplexer, hintergründiger und mehrdeutiger die «wunderbaren Landschaften» sind, die so seltsam intensiv die reale Welt mit ihrer «anderen Seite» verschwistern. «Naiv» mag Friedrich noch sein, da er, der Lutheraner und Pietist, die Existenz seines Gottes niemals bezweifelt und alles Zuspiel auf unbestimmte und unbestimmbare Seelen- und Geisteskräfte verwehrt. Naiv wohl auch der politische Kopf - als knorrige Eiche wider den Sturm der Revolution, gegen Napoleon, gegen das «Französische» und säkular gewordene Freiheit. Aber der Künstler zeigt sich ganz anders. Er komponiert. Minuziös bereitet er die «Geometrie» der Räume vor, verteilt er die Gewichte für die Perspektiven, setzt er die Akzente für den Blick. Alles ist auf bestürzend genaue Weise errechnet, damit am Ende - ja: was nun sichtbar wird?

KREUZ IM GEBIRGE

 

Harmonie. Harmonie als Wirklichkeit im Bilde, also als Struktur und Organisation für eine Botschaft, die doch ihrerseits keineswegs leicht oder gar eindeutig zu fassen wäre. Als Friedrich 1808 in Dresden seinen «Tetschener Altar» für die Öffentlichkeit präsentiert, scheidet dieser die Geister. Ist dies - ein Kreuz im Gebirge, von Tannen gesäumt, von den Strahlen der Sonne gekränzt - noch «Natur»? Zum Bild gehört der von Friedrich selbst definierte Rahmen, darauf die Embleme der christlichen Religion sogleich ins Auge springen. Wie aber die ganze Anlage einer präzisen Dramaturgie gehorcht, der goldene Schnitt die Themen gliedert und der Standort des Malers gleichwohl ungeklärt bleibt, so dominiert das Ästhetische wider jede starr religiöse Programmatik. Zwielicht ins Offene: Während ein zeitgenössischer Kritiker den Zug der Landschaft zur Allegorie moniert, hat es ihr Erfinder just darauf abgesehen. An der Wahrheit des Kreuzes wollte Friedrich niemals rütteln, doch dass diese einer geschichtlich späten Zeit noch allgemeines Bewusstsein sein könnte, muss er allerdings bezweifeln. Jede «moderne» Gotteserfahrung wurzelt im Individuum; auf die Seh- und Erlebensweise des Einzelnen kommt es an.

Schon deshalb ist Naturfrömmigkeit - im Umkreis der Pietisten und Herrnhuter gerne gepflegt - die angemessenere Haltung gegenüber der christlichen Offenbarung als ein Ritus aus Dogma und Kirche. «In dem Alter der Welt, wo wir leben, findet der unmittelbare Verkehr mit dem Himmel nicht mehr statt.» So heisst es, mit leis ironischer Tönung, bei Novalis. Ohne Ironie gelangt Caspar David Friedrich zum gleichen Schluss, wenn er Gottes Spuren in der Natur liest und sie dann in seine Landschaftsbilder überträgt. Folglich erscheint ihm der Prozess des Malens als vermittelnder Gottesdienst, worunter auch sämtliche Präliminarien - von den Skizzen über die geometrische Struktur bis zur Kombination der Sehwinkel und schliesslich zu der subtilst geführten Technik der Lasur - zu zählen sind. Wie dies geschieht, demonstriert Werner Busch anhand des Gemäldes «Der Mönch am Meer», entstanden zwischen 1808 und 1810 und alsgleich von Zeitgenossen wie Brentano und Kleist kontrovers diskutiert.

Friedrichs Wanderungen durch Rügen im Sommer 1801 liefern dem Gestalter erste Studien für die Örtlichkeit. Da ist alles mit analytischer Akribie gezeichnet - was der Maler später ins Symbolische erhöht, soll sein Fundament in der richtigen Beschreibung der Natur haben. Andere Quellen nutzt Friedrich für die Figur des Mönchs, dessen Rückenansicht die Züge eines Selbstporträts übernimmt. Doch was das Bild am Ende «bedeutet», bleibt mit Absicht unterbestimmt. Meint es Hoffnungslosigkeit vor der ins Ungeheure gedehnten Weite der Elemente? Oder drückt es, im Gegenteil, das Erhabene aus als kühne Selbsterfahrung eines Einsamen gegen das Nichts? Oder bezeugt es schliesslich die Demut eines Christenmenschen - den Glauben auch hier, an der Scheidelinie, nicht fahren zu lassen? Als Clemens Brentano den «Mönch» kommentiert, sieht er sogleich das Motiv der Sehnsucht umgesetzt; einer Sehnsucht freilich, die - wie es Friedrich zeige, indem zwischen Düne und Meer keinerlei Verbindung laufe - den «Abbruch» erfährt.

DAS UNERKANNTE JENSEITS

 

So weit ins diesseitig Existenzielle hätte sich Friedrich selbst nicht vorgewagt. Sein eigener Kommentar lautet: «Und sännest du auch vom Morgen bis zum Abend, vom Abend bis zur sinkenden Mitternacht; dennoch würdest du nicht ersinnen, nicht ergründen, das unerforschliche Jenseits! . . . Tief zwar sind deine Fussstapfen am öden sandigen Strandte: doch ein leiser Wind weht darüber hin, und deine Spuhr wird nicht mehr gesehen: Thörichter Mensch voll eitlem Dünkel!» Das ist im Bibelton von Luther gesprochen, mit dem Ingrimm des Pietisten dazu, gegen jedes Ansinnen, sich den Himmel zu errechnen und auszuleuchten. Mehr noch, allein die wiederkehrende Erfahrung der vanitas, der Vergänglichkeit alles von Menschen Gemachten vor der schweigenden Grösse der Schöpfung, des Todes ohne Gewissheit nachfolgender Erlösung macht diese Erlösung im protestantischen Glaubenssinn vielleicht möglich. Kein Wunder, dass solche Töne - in Wort oder Bild - gelegentlich zum Widerspruch reizten. Der Plastiker und Maler Gottfried Schadow hatte davon genug, als er Friedrichs «Nachtwächterton» kritisierte wie die wiederkehrende Friedhofsatmosphäre, «wo vermummte Puppen herumschleichen».

Es gilt gleichwohl zu unterscheiden zwischen dem Rhetor und dem Künstler. Nicht aus dem Arsenal einer christlichen Ikonographie schöpft Friedrich; diese, als gegenständlich operierende Malerei von Glaubensinhalten, hat ausgedient. Will die «moderne» Kunst noch immer zwischen Mensch und Gott eine Brücke schlagen, so muss sie sich anderer, umwegiger Mittel bedienen. Kein anderer Theologe spricht deshalb Friedrich mehr aus dem Herzen als Friedrich Schleiermacher. Auch dessen Werk lehrt, dass der Zufluss des Göttlichen keiner Orthodoxie bedarf, sondern aus individueller Gemütsbewegung vorbereitet und nun - vielleicht - auch für andere wirksam wird. Jeder Mensch ein «Priester», will sagen: «. . . das, was ihm begegnet ist, für Andere darstellen als Dichter oder Seher, als Redner oder als Künstler.» Was Caspar David Friedrich begegnet, ist einerseits die Wirkkraft der Natur, anderseits der Mensch, der an ihr Anteil nimmt.

Prägnanter als viele andere Sujets fasst die «Winterlandschaft mit Kirche», um 1811 entstanden, jene doppelte Beziehung zusammen. Das Bild zeigt im Vordergrund eine schneebedeckte Erhebung, dazu Felsbrocken, daran sitzend gelehnt einen Invaliden. Zwei Tannen schliessen an, vor der höheren steht ein Kruzifix. Zum Mittelgrund hin verschwimmen die Konturen, Nebel dräut. Im Hintergrund erhebt sich, übers Gebräu hinaus, die Silhouette einer gotischen Kathedrale. Was Friedrichs «Gottesdienst» für die Seite zur Technik verlangt, zeigt Werner Busch wiederum höchst anschaulich: Nicht nur sind etwa die Tannen in Skizzen aus der Natur aufs Genaueste präfiguriert; der goldene Schnitt bestimmt das Verhältnis der Gegenstände, woraus abzuleiten wäre, dass sich die Kirche als Vision des Invaliden ins Bild einschwingt. So kommen Realismus und Idealismus, das Wirkliche und das Numinose in einer Perspektive des Gefühls zusammen. Alles andere, was den Glauben näher an die Eindeutigkeit herangeführt hätte, hätte im vielfach variierten Kitschbild des 19. Jahrhunderts geendet.

Doch der goldene Schnitt - präsent in so vielen Gemälden Friedrichs in der einen oder anderen Funktion - ist nicht nur ein Verfahren zur diskreten Harmonisierung der im Bild erschaffenen Räume. Mathematische Verhältnisse galten den Frühromantikern als «Gesetze», nach denen sich die Lesbarkeit der Welt betreiben liess. Das war gut platonisch gedacht: Die ewige Ordnung, die, für den Menschen unsichtbar, als Welt der Ideen den Realien vorausliegt, treibt ihre Ableger ins Wirkliche gleich einem Abglanz. Schleiermacher war, wie Novalis, begeistert von den Sinnverweisen, die sich in Reihen, Schnitten und Hyperbeln kundtaten, und Friedrich, auch hierin sein Schüler, zögert nicht, dieses Instrumentarium für die Bildkomposition zu nutzen. Man muss es gar nicht «sehen»; entscheidend ist, dass die Ordnungs- und Beziehungsgrössen eine Art von gefühlter «Richtigkeit» auslösen. Im Jahr 1834 veröffentlicht der Rügener Pfarrer Theodor Schwarz, ein Vertrauter des Malers, seinen Mittelalterroman des Titels «Erwin von Steinbach oder Geist der deutschen Baukunst». Dort lässt Schwarz auch den Maler Kaspar auftreten; die Reverenz ist klar. Wichtiger ist, dass jener Kaspar dem Freunde Erwin die geometrischen Prinzipien seines Schaffens erklärt. Entbehrte die Malerei solcher regulierender «Figuren», so bliebe sie blosse Wiedergabe des naiven ersten Blicks auf die Dinge.

RELIGION ALS ÄSTHETIK

 

Schon fünfzehn Jahre zuvor hatte Schwarz die Summe seiner halb religiös, halb naturmystisch unterlegten Ästhetik gezogen: «Kunst ist die Vermenschlichung Gottes und daher die höchste Kunst . . .» Was solcher Vermittlung gelingt, hat sich von der Orthodoxie des Tempeldienstes, wie ihn die Alten pflegten, denkbar weit entfernt - es umspielt das Absolute in Andeutungen und Brechungen, und wo es den einen Betrachter packt, lässt es einen anderen kalt. Friedrich selbst hat den subjektiven Part bei der Wahrnehmung seiner ästhetisch-religiösen Bildkunst durchaus anerkannt. In einem brieflichen Kommentar zu einem Gemälde heisst es mit trockener Lakonik: «Am nackten steinigten Meeresstrande steht hoch aufgerichtet das Kreutz, denen, so es sehen, ein Trost, denen so es nicht sehen, ein Kreutz . . .»

Die Landschaft als Komposition bedarf freilich gar nicht solcher Embleme der frohen Botschaft, damit sie die «condition humaine» - zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Tod und Erlösung - verständlich macht. Es gibt Bilder wie das «Eismeer» oder die «Winterlandschaft», da das Symbolische auch denen, die - wie Goethe - vom Kruzifix sich wenig beeindruckt fühlen, sogleich spürbar wird. Alle Lebenssäfte sind eingefroren, dennoch sucht das Bewusstsein über jene Umgrenzung aus Kälte und Nichts hinauszukommen. Kaum weniger dramatisch inszeniert Friedrich «Bedeutung» mit den «Kreidefelsen auf Rügen». Das Bild, perspektivisch kräftig idealisiert, hält das Ineinander von Tiefe und Ferne virtuos in der Schwebe, kein Mittelgrund der Zuversicht überwindet jene Kluft.

Kontemplation, Einkehr, Gelassenheit - in solchen Haltungen gegenüber der Natur wie gegenüber dem Dasein kristallisiert Friedrichs Kunst. Für die Philosophie lehrte sie Schopenhauer, für die Theologie gab ihnen Schleiermacher Gehör. Die vita activa «in ein staunendes Anschauen des Unendlichen» aufzulösen, darauf gründete Schleiermacher seine romantische Religion. Caspar David Friedrich nimmt den Freund beim Wort. Der Schaffensprozess, der noch eben so aktiv und genau bei den Wirklichkeiten des Sehens und Formens war, schliesst ab mit dem Übergang ins Offene, wo das Licht nun durchlässig geworden ist.

Werner Busch: Caspar David Friedrich. Ästhetik und Religion. Verlag C. H. Beck, München 2003. 223 S., 66 Abb., Fr. 57.70.

Neubrandenburg (Neubrandenburg im Morgennebel), Öl auf Leinwand